Eine Schmiede voller Škoda Geschichten

Das Škoda Museum in Mladá Boleslav eröffnet eine einzigartige Ausstellung, die beweist, dass nicht nur bis ins Detail renovierte Autos wahren Charme besitzen. Die Geschichten, die sich hinter den vom Zahn der Zeit gezeichneten Modellen verbergen, sind oft weitaus komplexer und faszinierender.
11. 12. 2025 UnternehmenIn einer neu eröffneten, einzigartigen Lagerhalle können Besucher 23 historische Fahrzeuge besichtigen, von denen die meisten genauso erhalten sind, wie sie in vergessenen Scheunen und abgelegenen Ecken gefunden wurden, bevor sie in die Sammlung des Museums aufgenommen wurden. Dies bietet den Besuchern die seltene Gelegenheit, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen und Fragmente der 130-jährigen Geschichte von Škoda Auto zu entdecken, die der Öffentlichkeit bisher verborgen geblieben sind.

Škoda 215

Škoda Favorit 2000 OHV

Škoda 860
Die Atmosphäre wird nicht nur von diesen „schlafenden Schönheiten“ geprägt, sondern auch vom Ausstellungsraum selbst: einer originalen Fabrikhalle aus dem Jahr 1906. Das heute als V4 bekannte Gebäude diente ab 1907 als Schmiede und beherbergte einen großen Dampfhammer, der zur Massenproduktion großer Metallkomponenten verwendet wurde. Der Raum wurde sensibel restauriert und strahlt den Geist der frühen Industriezeit aus. Die Exponate sind von originalen Dachbindern und eisernen Stützkonstruktionen umgeben, nur der Boden ist neu. An die frühere Nutzung des Gebäudes erinnern außerdem drei massive Schornsteine, die einst den Rauch aus den Schmiedeöfen abführten.

Jedes Auto hier erzählt eine Geschichte. Das L&K Škoda 110 Coupé begann seine Reise 1928 als sportliches Cabriomodell im Besitz eines Mannes aus Český Krumlov. Sein zweiter Besitzer, Miloš D. Zelenka, betrieb einen Modesalon in Prag. „1933 ließ er die Karosserie von einer Karosseriewerkstatt in Jihlava zu einem Coupé umbauen, höchstwahrscheinlich für seine Frau, da wir ein historisches Foto von ihr neben dem Auto aufbewahrt haben“, erklärt Michal Velebný, Koordinator der Restaurierungswerkstatt des Škoda Museums. Es war Zelenka selbst, der das Auto 1973 der neu entstehenden Museumssammlung anbot.

L&K Škoda 110 Coupé auf einem historischen Foto

Einige Fahrzeuge sind dagegen in nahezu originalem Zustand erhalten geblieben. Ein Beispiel ist der Škoda Popular mit der Monte-Carlo-Karosserie in der Variante Roadster Deluxe mit blaugrauem Metallic-Lack, dessen Spuren noch auf der Motorhaube zu sehen sind. Er wurde speziell für die Prager Automobilausstellung 1936 gebaut und auf einem Podest neben dem Popular Monte Carlo in der Coupé-Version ausgestellt. „Diese Modelle sind Teil unserer Sammlung, sodass beide Fahrzeuge nach vielen Jahren wieder an dem Ort zusammenkommen, an dem sie entstanden sind“, erklärt Velebný.

Škoda Popular Monte Carlo Roadster Deluxe auf der Prager Automobilausstellung 1936

Škoda Popular Monte Carlo Roadster Deluxe heute
Nachdem der elegante Popular Jahrzehnte lang in den Garagen mehrerer Besitzer gestanden hatte, kehrte er vor etwa fünf Jahren nach Mladá Boleslav zurück. Er ist damit eine der jüngsten Ergänzungen der Museumssammlung. Andere Fahrzeuge stehen hier bereits seit Ende der 1960er Jahre. Die aktuelle Ausstellung konzentriert sich vor allem auf die Produktion aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Das älteste ausgestellte Modell ist der L&K Sd von 1913, gefolgt von zahlreichen Personen- und Nutzfahrzeugen aus den 1920er- und 1930er-Jahren. Der Škoda Rapid OHV von 1948, das neueste Auto in der Ausstellung, wirkt im Vergleich dazu fast modern.

L&K Škoda 110

L&K Sd von 1913

Škoda Rapid OHV von 1948

Die Ausstellung befindet sich im ältesten Gebäude des ursprünglichen Fabrikkomplexes, der sogenannten „alten Fabrik“. Die Gründer Václav Laurin und Václav Klement erweiterten diese Anlage nach und nach, um die Produktionskapazität zu erhöhen. Neben der Schmiede und dem Dampfhammer befanden sich in den Räumlichkeiten einst auch eine Lackiererei und ein Motorprüfstand, um sicherzustellen, dass die Antriebe erst nach ordnungsgemäßem Einfahren in das Fahrgestell eingebaut wurden. „Einige der ausgestellten Fahrzeuge von Laurin & Klement wurden genau hier produziert”, fügt Velebný hinzu.




Die 30-minütige Führung wird immer von einem Škoda Museumsführer durchgeführt und muss im Voraus gebucht werden. Ab 2026 wird für die Führung eine Gebühr erhoben, die in Form eines Aufschlags von 100 Tschechischen Kronen (umgerechnet rund 4 Euro) auf den Preis der Museumseintrittskarte hinzukommt. Die Eröffnung dieses ersten Teils des Komplexes ist Teil eines umfassenderen Plans, den öffentlichen Zugang zum Škoda Museum weiter auszubauen. Im nächsten Jahr wird ein weiterer Teil eröffnet. In diesem sind dann Prototypen, Designstudien und Konzeptfahrzeuge aus den 1950er Jahren bis heute zu sehen.


