Heute vor 70 Jahren startete ŠKODA zum einzigen Mal bei den berühmten 24 Stunden von Le Mans

› Speziell entwickelter ŠKODA Sport mit leichter Aluminiumkarosserie basierte auf erfolgreichem Serienmodell 1101/1102 „Tudor"
› Václav Bobek und Jaroslav Netušil kämpften bis zu einem Technikdefekt nach 13 Rennstunden um den ersten Platz in ihrer Klasse
› Rückkehr des ŠKODA Sport nach Le Mans verschoben: Le Mans Classic findet aufgrund der Corona-Pandemie erst im kommenden Jahr statt

Mladá Boleslav, 24. Juni 2020 – Im Jahr 1950 erlebte ŠKODA AUTO einen ganz besonderen Moment in der Motorsportgeschichte des Unternehmens: Den bis heute einzigen Start eines ŠKODA-Modells beim weltberühmten 24-Stunden-Rennen von Le Mans.

Nach dem Zweiten Weltkrieg präsentierte ŠKODA eine neue Modellreihe: Der 1101/1102 „Tudor“ setzte auf einen 1.089 cm3 großen Vierzylindermotor und war in vielen europäischen Ländern sowie auf Märkten in Übersee schnell sehr gefragt. Die technisch modernen, robust konstruierten Fahrzeuge bewiesen ihre große Zuverlässigkeit auf zahlreichen Rallye-Pisten und bei Langstreckenrennen auf Rundkursen. So gewannen sie im Jahre 1948 beim 2.649 Kilometer langen Raid Polski alle vier Kategorien, in denen ŠKODA Fahrzeuge an den Start brachte. Bei der südamerikanischen Rallye Montevideo – Melo – Montevideo belegten sie Platz eins und zwei.

Doch auch auf Rundstrecken stellten die „Tudor“-Modelle – die Bezeichnung leitet sich aus dem Englischen von „Two Doors“, also „Zweitürer“ ab – ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis. Beim 24-Stunden-Rennen im belgischen Spa-Francorchamps legten die drei von ŠKODA eingesetzten Viersitzer mit geschlossener Karosserie jeweils 1.972 Kilometer zurück und beendeten das Langstreckenrennen auf den ersten drei Plätzen ihrer Hubraumklasse. Um diesen Erfolg auch auf der Strecke deutlich sichtbar herauszustellen, absolvierte das tschechische Trio Boxenstopps häufig zu dritt und überquerte die Ziellinie im Formationsflug.

Für die Saison 1949 entwickelte der tschechiche Autohersteller auf Basis des „Tudor“ eine spezielle Rennvariante: den ŠKODA Sport. Der offene Zweisitzer besaß einen um 400 Millimeter verkürzten Radstand und eine besonders flache Pontonkarosserie aus leichtem Aluminium und gab in Brünn beim Grand Prix der Tschechoslowakei sein Debüt: Das eigentliche Ziel war jedoch Le Mans, das damals bereits weltbekannte 24-Stunden-Rennen im französischen Department Sarthe. Am Samstag, den 24. Juni 1950 hatte es das Werksteam von ŠKODA geschafft: Die weiterentwickelte Version des 1101 Sport stand – bereit für den damals noch üblichen „Le Mans-Start“ um 16 Uhr –schräg vor der Boxenmauer des 13,65 Kilometer langen „Circuit des 24 Heures“. Die Fahrer reihten sich am gegenüberliegenden Streckenrand auf, um nach dem entsprechenden Signal zu ihren Fahrzeugen zu sprinten. Dort sprangen sie hinter das Steuer, starteten den Motor und gingen auf die erste Rennrunde. Aus Sicherheitsgründen wurde diese Art des Rennstarts im Jahr 1970 abgeschafft.

Der 600 Kilogramm leichte ŠKODA Sport wurde von Václav Bobek und Jaroslav Netušil gefahren und verfügte für den Einsatz in Le Mans über einen auf 2.150 Millimeter verlängerten Radstand, der die Richtungsstabilität verbesserte. Sichelförmige Luftöffnungen neben den Hauptscheinwerfern leiteten den Trommelbremsen an den Vorderrädern Kühlluft zu und zwei zusätzliche Scheinwerfer sorgten in den Nachtstunden für bessere Sicht. Ansonsten basierte das Fahrzeug weitgehend auf dem serienmäßigen „Tudor“, einschließlich der 12-Volt-Bordelektrik von PAL und der Diagonalreifen von Barum. Der wassergekühlte Vierzylinder unter der niedrigen Fronthaube mit einem unveränderten Hubraum von 1.089 cm3 verdichtete etwas höher im Verhältnis 8,6:1 und verfügte über einen Solex 40 UAIP-Vergaser. Damit stieg die Leistung des Motors gegenüber des 32 PS starken Serienmotors auf 50 PS (37 kW) bei 5.200 Umdrehungen. Mit dem damals üblichen Rennkraftstoff – einem Mix aus Benzin, Ethanol und Azeton – erreichte der ŠKODA Sport eine Spitzengeschwindigkeit von 140 km/h und verbrauchte dabei nur zwölf Liter pro 100 Kilometer. Vollbetankt und mit jenen Werkzeugen und Ersatzteilen an Bord, die bei einem Reparaturstopp ausschließlich benutzt werden durften, brachte er 700 Kilogramm auf die Waage.

Jaroslav Netušil und Václav Bobek, beide ebenfalls Le Mans-Debütanten gaben alles und fuhren mit einem Durchschnittstempo von 126 km/h im Feld der insgesamt 60 Teilnehmer  schon bald auf den zweiten Platz in der mit elf Fahrzeugen besetzten Klasse bis 1.100 Kubikzentimeter. In der damals noch üblichen Leistungskoeffizient-Sonderwertung rangierte das Duo zwischenzeitlich sogar auf Rang fünf. Nach 13 Stunden rollte das Auto mit der Nummer 44 in der Morgendämmerung aus, ein kleiner Technikdefekt riss den ŠKODA Sport in seiner 115. Runde aus dem Rennen: Das Sicherungselement eines Pleuelzapfens war gerissen und eine Reparatur vor Ort nicht mehr möglich.

Für ŠKODA war der Start im Jahr 1950 bis heute der einzige Le Mans-Renneinsatz der Unternehmensgeschichte. In den nachfolgenden Jahren konnten die Sonderanfertigungen der Marke aufgrund der schwierigen politischen Ausgangslage nicht mehr am 24-Stunden-Rennen in Le Mans teilnehmen.

Der originale ŠKODA Sport wurde restauriert und gehört heute zu einer privaten tschechischen Sammlung. Anfang Juli hätte er anlässlich des 70. Jahrestags seines Le Mans-Debüts und des 125. Gründungsjubiläums von ŠKODA AUTO erneut vor zahlreichen Zuschauern auf die Strecke gehen sollen. Die Le Mans Classic – ein seit 2002 im Zweijahresrhythmus ausgetragenes Event für historische Rennfahrzeuge, die vor 1979 bei dem Langstreckenklassiker gestartet sind – musste jedoch aufgrund der Covid-19-Pandemie auf 2021 verschoben werden.

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