Aerodynamik – die Kunst, durch den Wind zu gleiten

Aerodynamik – die Kunst, durch den Wind zu gleiten
22. 1. 2023 Unternehmen

Das Licht geht an. Langsam hebt ein Lift den Škoda Enyaq RS iV in den Raum. Der Windkanal ist bereit. Ein Sturm zieht auf. Heute steht der abschließende Aerodynamik-Test für das neue Elektro-SUV an. Ein großer Tag für Jiří Novák, Chefaerodynamiker für die Enyaq iV-Reihe, und sein Team. Nach unzähligen Simulationen und Versuchen an Modell und Prototyp muss sich jetzt das Vorserien-Fahrzeug im Windkanal beweisen. Kann es durch den Wind gleiten? Wird es den angepeilten cw-Wert erreichen?

Das Fahrzeug ist bereit für den Test im Windkanal.

Vom Flugzeug zum Auto

Die Aerodynamik erforscht das Verhalten von Körpern in der Luft. Sie ist eine der Königsdisziplinen im Fahrzeugbau und ausschlaggebend für die Effizienz und Performance des Autos. Zentrale Messgröße des Luftwiderstands ist der cw-Wert (Luftwiderstandsbeiwert). Er zeigt an, wie „windschlüpfig“ das Fahrzeug ist, also wie gut oder schlecht es sich vom Wind umströmen lässt. Ein günstiger cw-Wert macht das Auto schneller und sparsamer, da er den Energieeinsatz für die Fortbewegung verringert. Heute ist das wichtiger denn je.

Das Wissen über Aerodynamik stammt ursprünglich aus dem Flugzeugbau. Dort gehörte es schon vor einem Jahrhundert ganz selbstverständlich zur Produktentwicklung. Doch im Automobilbau etablierte sich die Aerodynamik erst im Zuge der Ölkrise in den 1970er Jahren als feste Größe. Sie entfachte einen leidenschaftlichen Wettbewerb um den besten cw-Wert zwischen den Herstellern, der bis heute anhält – und gerade im Segment elektrisch betriebener Fahrzeuge nochmals an Fahrt aufgenommen hat.

Kleinste Änderungen beeinflussen die Reichweite

Zurück zum Testzentrum und zum Škoda Enyaq RS iV im Windkanal. Teile des weißen Fahrzeugs sind mit schwarzer Folie beklebt. An zahlreichen roten Punkten sind kurze grüne Schnüre befestigt. Rollen im Boden treiben die Räder des Enyaq RS iV an. Der übergroße Ventilator am Kanaleingang beginnt sich zu drehen, die Schnüre flattern im Wind. „Indem wir die Bewegung der Baumwollschnüre mit ultraempfindlichen Kameras verfolgen, können wir den Luftstrom auf der Fahrzeugoberfläche sehr genau analysieren“, erklärt der Aerodynamik-Experte Jiří Novák. „Die Räder müssen sich dabei drehen, da ihre Bewegung den Luftstrom um das Auto herum beeinflusst. So wie später auf der Straße.“

 

Jiří Novák
Aerodynamik-Experte Enyaq iV

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Die Baumwollfäden zeigen die Luftströme an.

Dem Praxistest gingen viele Monate der Entwicklung mit zahllosen Berechnungen und Simulationen voraus. So ist die heutige Messung im Tunnel die Krönung der gesamten Arbeit des Teams aus Aerodynamikern und Konstrukteuren. Gemeinsam haben sie den Enyaq RS iV immer weiter optimiert – akribisch bis ins kleinste Detail. „Selbst winzige Änderungen, die den cw-Wert um ein Hundertstel verringern, erhöhen die Reichweite des Fahrzeugs um etwa sieben Kilometer im WLTP-Zyklus“, sagt Zdeněk Sloupenský, Aerodynamik-Koordinator für die MEB-Plattform. „Auf reinen Autobahnfahrten ist der Reichweitenzuwachs sogar noch höher.“

Zdeněk Sloupenský
Koordinator MEB Platform

Erstaunlicher cw-Wert beim Elektro-SUV

Am Ende des Windkanal-Tests steht fest: Die detailversessene Entwicklungs- und Konstruktionsarbeit hat sich gelohnt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Mit einem cw-Wert von 0,257 fährt der Škoda Enyaq RS iV in seiner Klasse ganz vorne mit. Schließlich trägt die windschlüpfige Konstruktion des 200 kW* (299 PS) starken Elektro-SUV erheblich zu seiner hohen Maximalreichweite von mehr als 500 Kilometern im WLTP-Zyklus bei.

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Die Karosserie des Enyaq iV ist gleichermaßen emotional wie aerodynamisch gezeichnet.

 

Aufgrund des nach hinten abfallenden Hecks ist der Luftwiderstandsbeiwert des Schwestermodells Enyaq Coupé RS iV sogar noch niedriger und liegt bei 0,234. Ein cw-Wert, der noch vor einigen Jahren unerreichbar erschien – vor allem für ein geräumiges Fahrzeug mit einer Dachhöhe von knapp 161 Zentimetern und einem Kofferraumvolumen von 570 Litern. Und auch die anderen Modelle von Škoda gehören (nicht nur) in Sachen Aerodynamik zu den jeweils Besten ihrer Klasse. So wartet der Octavia mit einem cw-Wert von 0,24 auf (Octavia Combi: 0,26). Bei der aktuellen Fabia-Generation beträgt er 0,28.

 

* Elektrische Maximalleistung 220 kW: Gemäß UN-GTR.21 ermittelte Maximalleistung, die für maximal 30 Sekunden abgerufen werden kann. Die in der individuellen Fahrsituation zur Verfügung stehende Leistung ist abhängig von variablen Faktoren wie Außentemperatur, Temperatur, Lade- und Konditionierungszustand oder physikalische Alterung der Hochvoltbatterie. Die Verfügbarkeit der Maximalleistung erfordert insbesondere eine Temperatur der Hochvoltbatterie zwischen 23 und 50 °C und einen Batterieladezustand > 88 %. Abweichungen insbesondere von vorgenannten Parametern können zu einer Reduzierung bis hin zur Nichtverfügbarkeit der Maximalleistung führen. Die Batterietemperatur ist in gewissem Umfang über die Funktion Standklimatisierung mittelbar beeinflussbar und der Ladezustand unter anderem im Fahrzeug einstellbar. Die aktuell zur Verfügung stehende Leistung wird in der Fahrleistungsanzeige des Fahrzeugs angezeigt. Um die nutzbare Kapazität der Hochvoltbatterie bestmöglich zu erhalten, empfiehlt es sich, für die tägliche Nutzung ein Ladeziel von 80 % für die Batterie einzustellen (vor z. B. Langstreckenfahrten auf 100 % umstellbar).