Modellbauer im Automobildesign

Die Tonmodelle zukünftiger Škoda Fahrzeuge werden mit einer Vielzahl ungewöhnlicher Werkzeuge erstellt. Aber wie arbeitet ein Modellbauer? Wir werfen einen Blick über die Schulter.
14. 7. 2025 UnternehmenIn der Modellbauwerkstatt der Škoda Designabteilung geben erfahrene Handwerkerinnen und Handwerker den Ideen ihre allererste physische Form. Hier entstehen die bekannten Tonmodelle, die das potenzielle Aussehen zukünftiger Autos zeigen.
Spezieller Modellierton wird in der Industrie seit Jahrzehnten aus einem einfachen Grund verwendet: Er ist formbar, lässt sich leicht hinzufügen oder entfernen und ist dennoch fest genug, um präzise Formen zu ermöglichen. Die Herstellung eines einzigen Modells ist ein zeitaufwändiger Prozess. Selbst mit modernen Werkzeugen, die die Arbeit erheblich beschleunigen, dauert es Wochen oder sogar Monate, bis die Linien eines Modells perfekt sind.
Tonmodell des Škoda Kodiaq
„In den vergangenen zehn Jahren hat unser Designprozess einen tiefgreifenden digitalen Wandel durchlaufen, der es uns ermöglicht, verschiedene Designrichtungen für unsere zukünftigen Autos schnell und effizient zu erkunden“, sagt Martin Bogner, Leiter Designmodellierung und Digitalisierung. „Wir wissen aber auch, dass perfektes Design aus der Verbindung der virtuellen Welt mit der physischen Realität entsteht. Deshalb verwenden wir weiterhin physische Designmodelle, um digitale Konzepte zu validieren, Details zu optimieren und Designs auf Vorstandsebene fertigzustellen. Es ist diese Kombination aus digitalen Werkzeugen und traditioneller Handwerkskunst, die es uns ermöglicht, Designqualität auf höchstem Niveau zu erreichen“, fügt Bogner hinzu.
Schicht für Schicht
Die Vorbereitung der physischen Modelle beginnt mit einem Grundgerüst, das von der Technischen Entwicklungsabteilung nach den Vorgaben des Designteams gebaut wird. Bevor mit der Modellierung begonnen werden kann, muss der Ton auf dieses Gerüst aufgetragen werden. „Die Struktur muss präzise gebaut sein, damit die Tonschicht aufgetragen werden kann. Normalerweise tragen wir eine etwa vier Zentimeter dicke Schicht Ton auf das Modell auf. Das hängt aber vom jeweiligen Design und Standort ab“, erklärt Mick Allbutt, einer der Modellbauer von Škoda Design. Insgesamt werden für ein einzelnes Modell etwa zwei Tonnen Ton verwendet.
Modellbauer Mick Allbutt trägt eine Schicht Ton auf.
Vor dem Auftragen muss der Ton in speziellen Öfen auf 60°C erhitzt werden, um ihn weich zu machen. Das Erhitzen einer vollen Ladung dauert etwa vier bis fünf Stunden. Pro Modell werden etwa vier Öfen mit Ton benötigt. Der Ton wird schichtweise aufgetragen, beginnend mit einer 10 mm dicken Schicht, die den Schaumstoff des Skeletts bedeckt.
„Sechs Modellbauer tragen diese erste Schicht in etwa zwei Stunden auf“, sagt Allbutt. Da der Polyurethanschaum die Wärme speichert, dauert es eine Weile, bis der Ton abkühlt und aushärtet. Wenn der Ton auf bereits abgekühlten Ton aufgetragen wird, geht es schneller. Dann dauert es etwa zwei Stunden, bis eine neue Schicht ausgehärtet ist. Trotzdem lassen die Modellbauer den Ton über Nacht ruhen und abkühlen, um sicherzustellen, dass er vollständig ausgehärtet ist, bevor sie weiterarbeiten.
Erwärmen des Modellier-Tons auf 60°C vor dem Auftragen
Präzisionsarbeit
Warmer Ton ist weich und sehr formbar, was ihn ungeeignet macht für das Fräsen, den Prozess, der dem Modell seine ersten präzisen Konturen verleiht. Die Fräsmaschine nutzt digitale Daten, die von digitalen Modellbauern vorbereitet werden. „Das Fräsen der Hälfte des Autos kann 20 Stunden dauern, deshalb lassen wir die Maschine oft über Nacht laufen“, erklärt František Hladík.
Ein standardmäßiger 10-mm-Kugelfräser ist das Hauptwerkzeug, um die Oberfläche mit hoher Genauigkeit und Präzision zu formen. „Die Positionierung und der Winkel des Werkzeugs sind wichtig, aber wir streben in der Regel eine Genauigkeit von vier Zehntel Millimetern an“, sagt Hladík.
Mit einer Reihe von Werkzeugen, darunter verlängerte Fräser für schwer zugängliche Bereiche wie den unteren Diffusor, bearbeitet die Fräsmaschine etwa 95 Prozent der Modelloberfläche. Einige Bereiche sind jedoch unzugänglich oder es gibt Stellen, an denen die Maschine Restkurven hinterlässt.
Hier kommen die Modellbauer ins Spiel. Sie verfeinern die für die Maschinen nicht erreichbaren Oberflächen und geben dem Modell sein endgültiges Aussehe. Auch manuelle Formänderungen können vorgenommen werden. Diese reichen von subtilen Korrekturen bis hin zu größeren Anpassungen. Einer der größten Vorteile von Ton ist die Flexibilität, die einfache und relativ schnelle Änderungen ermöglicht. „Die Änderung eines einzelnen Designdetails kann nur wenige Stunden dauern“, sagt Andy Settle.
Modellbauer verwenden traditionelle Handwerkzeuge: Glättkellen, Raspeln, Schaber, Messer und andere geschärfte Werkzeuge. Eine spezielle Raspel (Clay Plane) wird verwendet, um Oberflächen von unten zu formen. Schaber entfernen Ton in bis zu 30 mm dicken Schichten und flexible Stahlkellen in verschiedenen Formen helfen, große Flächen zu glätten und zu verfeinern.
Glättkellen, Raspeln, Schaber und Messer sind gängige Werkzeuge in der Modellwerkstatt.
Messer helfen dabei, Nähte zu verfeinern und Kanten hervorzuheben, die oft zuerst mit dünnem Klebeband markiert werden. „Das Klebeband hilft uns, Formen zu visualisieren und zu überprüfen. Aber letztendlich sind unsere Augen unser wichtigstes Werkzeug“, erklärt Settle. Die Hände und Werkzeuge der Modellbauer sind unglaublich präzise. Sie können Oberflächen durch Abtragen dünnster Tonflocken feinabstimmen.
Andy Settle kontrolliert die Linien.
Viele Details
Während sich das Hauptteam aus Modellbauern und Designern auf die Gestaltung des Gesamtfahrzeugs konzentriert, arbeiten andere Spezialisten an einzelnen Einbauteilen. Im Laufe der Entwicklung werden immer mehr dieser Teile hinzugefügt. Viele davon werden separat gefertigt, um eine detaillierte Bewertung zu ermöglichen. Das sogenannte Komponentstudio fertigt auch Teile für Innenraummodelle.
Dušan Stejskal bereitet den Spiegel vor.
Deshalb sind Modellbauer auch vielseitige Hand- und Heimwerker. Während 3D-Drucker oft dabei helfen, die Grundform eines Teils, wie zum Beispiel eines Scheinwerfers, zu erstellen, verfeinern die Modellbauer viele Details von Hand. In Zusammenarbeit mit digitalen Modellbauern und Designern finden sie heraus, wie die Teile zusammengesetzt werden sollen. „Selbst eine einfache Lüftungsöffnung ist eigentlich ein kleines Puzzle aus mehreren Teilen“, erklärt Dušan Stejskal. Innenraumelemente werden oft gepolstert, mit Folien ummantelt oder von Hand poliert.
Viele Teile müssen auch lackiert werden, um ihr endgültiges Aussehen zu erhalten, darunter die Scheinwerfer, insbesondere die hinteren. Škoda Design verfügt über eine eigene Lackiererei, in der verschiedene Lackierungen verwendet werden: transparent, matt, glänzend und metallic. Je nach Bedarf und gewünschtem Aussehen des Teils. Oft imitiert der Lack das Aussehen eines bestimmten Materials, beispielsweise von unlackiertem Kunststoff
.


Alle Lackierarbeiten werden von Hand gemacht. Das Mischen der Farben ist der schwierigste Teil. „Das machen wir komplett mit dem Auge. Wir testen und mischen viele Proben und arbeiten dann mit den Designern zusammen, um den richtigen Farbton zu finden“, sagt Lackierer Oldřich Chalupa. Das Lackieren von Scheinwerfern ist besonders anspruchsvoll und das Lackieren von kompletten Tonmodellen ist ein seltener, heikler Prozess. „Wenn ein Modell lackiert werden soll, gibt es ein streng geheimes Verfahren, das dafür sorgt, dass die Farbe auf dem Ton haftet“, erklärt Chalupa.
Mit den lackierten Modellen sind die Reise und der Designprozess des zukünftigen Autos fast abgeschlossen. Nach Veröffentlichung der Fahrzeuge, werden diese Modelle oft ausgestellt, unter anderem im Škoda Museum in Mladá Boleslav.
